Besonderheiten und Meilensteine der Entwicklung des Elektronischen Rechtsverkehrs im Finanzgericht
01.11.2023 Technische Erweiterung des großen Sitzungssaals
Der große Sitzungssaal wurde um zwei an der Decke befestigte Beamer erweitert.
Damit können Bildschirminhalte nicht mehr nur allein auf dem bislang bereits vorhandenen großen Wandmonitor, sondern zusätzlich simultan und erheblich vergrößert auch auf die Wände übertragen werden. Dies ermöglicht eine deutliche bessere Lesbarkeit für alle im Saal befindlichen Personen von allen Sitzplätzen.
Bildschirminhalte können dabei sowohl von den Arbeitsplätzen der Berufsrichter als auch von den Arbeitsplätzen der Beteiligten und Zeugen/Sachverständigen für mitgebrachte Geräte dargestellt werden. Zudem ist auch eine Tonausgabe entsprechend von allen Arbeitsplätzen möglich.
06.12.2022: PC-To-Fax-Verfahren
Zwecks Ausweitung der elektronischen Arbeitsabläufe u.a. im Hinblick auf die Einführung der führenden elektronischen Gerichtsakte ist das FG spezifische PC-To-Fax-Verfahren eingeführt worden.
Dabei werden allen Beteiligten mit vorhandenem Telefaxgerät, d. h. insbesondere den noch nicht über einen rechtlichen sicheren Übermittlungsweg erreichbaren „professionellen“ Verfahrensbeteiligten, wie z. B. Wirtschaftsprüfer und Lohnsteuerhilfevereine, aber auch Aktivparteien gerichtliche elektronische Dokumente direkt vom PC aus an die Telefaxgeräte der Empfänger übermittelt.
01.01.2022: Elektronische Zustellungen an und papierloser ERV mit "professionellen" Verfahrensbeteiligten
Seit dem 01.01.2022 übermittelt das Finanzgericht elektronische Dokumente nur noch in elektronischer Form an die "professionellen" Verfahrensbeteiligten, d. h. einschließlich elektronischer Zustellungen gegen elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) gemäß § 53 Absatz 2 FGO i. V. m. § 173 ZPO.
Dies betrifft im Einzelnen
- Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt,
- Hauptzollamt,
- Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit,
- Rechtsanwälte,
- Steuerberater (seit 01.01.2023).
Die elektronische Zustellung erfolgt in beglaubigter elektronischer Abschrift, d. h. als qualifiziert signiertes PDF-Dokument, an den Empfänger in dessen rechtlich sicheres Postfach, derzeit insbesondere beBPo und beA, vgl. § 53 Absatz 2 FGO i. V. m. § 169 Abs. 4 ZPO.
Die zusätzliche Übermittlung in Papierform ist in diesen Fällen damit vollständig entfallen. Dies entspricht ca. 90% aller ausgehenden Schreiben des Finanzgerichts.
12.02.2021: Einführung der mobilen Telearbeit
Am 12.02.2021 wurde nach einer Testphase seit Jahresbeginn im Finanzgericht die mobile Telearbeit für alle Bediensteten aller Laufbahngruppen des Finanzgerichts eingeführt.
Grund für die Einführung von mobiler Telearbeit
Die Bewältigung der Corona-Pandemie mit seinen historischen Ausmaßen stellt auch das Finanzgericht vor besondere Herausforderungen und erfordert neue Denk- und Lösungsansätze, insbesondere auch für die grundsätzliche Arbeitsorganisation.
Einerseits müssen präventiv durch maximale Reduzierung persönlicher Kontakte Erkrankungen von Bediensteten und infolgedessen eine signifikante Beeinträchtigung bzw. evtl. zeitweise Einstellung des Dienstbetriebes unter allen Umständen verhindert werden.
Andererseits müssen reaktiv im Fall einer etwaigen durch Corona verursachten Beeinträchtigung oder zeitweise Einstellung des Geschäftsbetriebes die Dienstgeschäfte gleichwohl durch externe Zugriffsmöglichkeiten für die Bediensteten weiterbetrieben werden können, wenn auch ggf. mit einigen Abstrichen zum Normalbetrieb.
Auf Grund der Sonderstellung der Finanzgerichte in der Gerichtslandschaft als einzige Tatsachenermittlungsinstanz mit Amtsaufklärungspflicht und im Regelfall abschließende Beweiswürdigungsinstanz (in 90% der Fälle) würde eine signifikante Beeinträchtigung oder zeitweise Einstellung des Geschäftsbetriebes des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt faktisch zu einer Verhinderung des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen Eingriffsakte der Finanzverwaltung führen.
Ausstattung und Arbeitsweise im Finanzgericht
Das Finanzgericht verfügt über durchgehende elektronische Bearbeitungsmöglichkeiten der Verfahren unter EUREKA-Fach und damit über einen weit fortgeschrittenen elektronischen Workflow. Vor allem die für die führende gerichtliche Papierakte noch zu fertigenden Papierausdrucke und ggf. Papierausfertigungen für nicht am ERV teilnehmende Verfahrensbeteiligte erfordern noch eine analoge Arbeitsweise.
Die Ausstattung für die mobile Telearbeit beinhaltet ein dienstliches Notebook mit 15,6 Zoll Bildschirm für alle dienstlichen Aufgaben der Bediensteten aller Laufbahngruppen („Eingeräte-Strategie“).
Der physische (Arbeits-)Ort spielt keine Rolle mehr, d. h. es kann innerhalb und außerhalb des Dienstgebäudes jederzeit an allen Orten über einen geschützten Zugriff gleichermaßen elektronisch gearbeitet werden. Wird die mobile Telearbeit im Dienstgebäude verrichtet, führt dies an den regulären IT-Arbeitsplätzen zu einem zusätzlichen dritten Monitor.
Die telefonische und elektronische Erreichbarkeit bleibt innerhalb der Sprechzeiten unverändert jederzeit gewährleistet.
Gibt es Vergleichbares in der Justiz im Land Sachsen-Anhalt?
Es handelt sich um ein Projekt ohne Vorbild.
01.01.2021: Einfache elektronische Dokumentenübermittlung ohne zusätzliche Papierübersendung
Seit dem 01.01.2021 übermittelt das Finanzgericht Dokumente, die keiner Zustellung bedürfen, nur noch in elektronischer Form an
- alle Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt und
- an Rechtsanwälte in deren beA, sofern Rechtsanwälte ihr beA aktiv zur elektronischen Kommunikation mit dem Finanzgericht nutzen.
Die zusätzliche Übermittlung in Papierform ist entfallen. Dies entspricht ca. dreiviertel aller ausgehenden Schreiben des Finanzgerichts.
2018: Ertüchtigung aller IT-Arbeitsplätze
Anfang Dezember 2018 konnte die binnen eines Jahres erfolgte Ertüchtigung aller IT-Bildschirm-Arbeitsplätze im Finanzgericht in ergonomisch elektrisch-höhenverstellbare Steh-Sitz-Arbeitsplätze mit jeweils 2 24-Zoll Monitoren erfolgreich abgeschlossen werden.
2018: Start der einfachen elektronischen Dokumentenübermittlung mit zusätzlicher Papierversendung
Nach einer längeren erfolgreichen Testphase übermittelt das Finanzgericht seit dem Neustart des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) am 3.9.2018 elektronische Dokumente, die keiner Zustellung bedürfen, zusätzlich zur Papierform auch elektronisch an
- alle Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt und
- an Rechtsanwälte in deren beA, sofern Rechtsanwälte ab dem 3.9.2018 ihrerseits ihr beA aktiv zur elektronischen Kommunikation mit dem Finanzgericht nutzen.
Dies entspricht ca. dreiviertel aller Schreiben des Finanzgerichts. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dann die Übermittlung zusätzlich in Papierform ganz entfallen.
Ein elektronischer Dokumentenversand an Familienkassen und Zollämter ist derzeit noch nicht möglich, weil deren besonderen elektronischen Behördenpostfächer (beBPo) noch nicht adressierbar sind.
2017: Start der elektronischen Kommunikation mit dem Bundesfinanzhof
Seit dem 10.07.2017 werden in allen beim Bundesfinanzhof anhängig gewordenen Verfahren des Finanzgerichts, in denen eine zusätzliche eAkte bereits vorhanden ist, die eAkten per EGVP zusätzlich zu den Papier-Akten an den Bundesfinanzhof übersandt.
Der Bundesfinanzhof übermittelt ebenfalls elektronisch per EGVP seine Akten- und Entscheidungsanforderungen an das Finanzgericht.
2016: Fertigstellung des elektronisches Sitzungssaals
Seit dem 27.6.2016 sind im großen Sitzungssaal des Finanzgerichts auch Verhandlungen nur mit elektronischen Akten möglich (elektronischer Sitzungssaal). Die Richterinnen und Richter verfügen jeweils über einen eigenen Monitor. Die Anzeige der Inhalte elektronischer Gerichtsakten können über eine Mediensteuerungsanlage z.B. auch für die Beteiligten und für die Öffentlichkeit auf einem Großbildmonitor ausgegeben werden Die Beteiligten können ihrerseits elektronische Dokumente auf ihrer mitgebrachten Technik über einen HDMI-Anschluss ebenfalls auf dem Großbildmonitor sichtbar machen.
Eröffnung des Elektronischen Rechtsverkehrs beim Finanzgericht im Dezember 2015
Zum 15. Dezember 2015, d. h. 2 Jahre vor dem gesetzlichen Eröffnungstermin zum 1.1.2018, wurde der Elektronische Rechtsverkehr (ERV) beim Finanzgericht eröffnet, wobei bis zum 31.12.2017 zur rechtswirksamen Einreichung elektronischer Dokumente nur das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) als technisch sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung stand, vgl. ERVVO LSA.
Oktober 2015: Einführung der elektronische Gerichtsakten zusätzlich zur rechtlich führenden Papierakte (Hybridaktenführung)
Seit Oktober 2015 werden zusätzlich zu den Papierakten eAkten geführt (hybride Gerichtsaktenführung oder auch "Hybridakten"). In den eAkten sind nicht nur über das EGVP eingegangene elektronische Dokumente enthalten, sondern es werden auch eingehende Papier-Schriftsätze einschließlich Anlagen durch Scannen digitalisiert und zugeordnet. Faxeingänge werden automatisiert digitalisiert und ebenfalls in die eAkten übernommen. Dadurch können die Verfahren durch die Serviceeinheiten und Richter wahlweise auch nur in elektronischer Form bearbeitet werden.
Bitte beachten Sie, dass für die Prozessaktenführung derzeit unverändert die Papier-Gerichtsakte rechtlich maßgebend ist (sog. "führende Papierakte"). Eine Einsichtnahme in die Papierakten ist demgemäß nur in Diensträumen des Finanzgerichts oder eines anderen Gerichts oder einer Behörde möglich, § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO.
Eine Einsichtnahme in die eAkten ist darüber hinaus auch aus technischen Gründen nicht möglich. An einer bundesweit einheitlichen Einsichtnahmemöglichkeit (sog. "Akteneinsichtsportal") wird derzeit auf Bund-Länder-Ebene gearbeitet.